Wednesday, February 22, 2006

Ein roter Teppich für...

Im Schweizer Fernsehen wurde die Sendung „Ein roten Teppich für…“ abgesetzt. Black n Blond so lustig wie ein Wasserglas und so krass wie ein Schlagzeugsolo von Chris von Rohr läuft weiter. Hier ein Rückblick auf einen kleinen Teil Schweizer Fernsehgeschichte. Hab mir alle drei Sendungen „Ein roter Teppich für..“ im Internet auf sf.tv rein gezogen.

Eigentlich war es eher ein rotes Sofa von „Wetten dass“ plus Pepe Lienhard und Band. Kurt Felix der Erfinder der Sendung wird aufs Alter nicht kreativer. Viel konnte mensch da lernen, über Kultur und Werte in diesem Land. Die Idee von „Roter Teppich“ erklärt Sandra Studer in der ersten Sendung so: „Mer möchtet uf em rote Teppich, in Zuekunft bekannti Schwizerinne und Schwizer fiire, wo öppis bsunders gleistet hend, wo positiv ufgfalle sind, wo d Schwiz äh Stuck wiit mit erer Persönlichkeit prägt hend. Sig das im Bereich Sport, Kultur, Gsellschaft, Wirtschaft oder Politik.“ Und aus der Politik, wie Sandra meinte, komme auch der erste Gast: Adolf Ogi. In der zweiten Sendung war es dann DJ Bobo und in der dritten Marco Rima. Man(n) muss vielleicht noch zu Sandra sagen, dass sie eine sehr schöne Frau ist. Bis sie den Mund aufmacht und anfängt zu sprechen. (singen geht)

So vom Unterhaltungswert waren Ogis und Marco Rimas „Teppiche“ spitze. Dj Bobo ist anscheinend wirklich der Biedermann, den er vorgibt zu sein. Aber mag mensch nicht an allen Schweizer Promis ausser Jürg Marquart, dass sie so bescheiden und auf dem Boden geblieben sind. (Über Schweizer Banken munkelt mensch im Ausland anderes.)

Das Konzept einer Sendung der gesuchten Superlative bestand aus Überraschungen, verschiedenen Trailern über verschieden Stationen im Leben der präsentierten Promis und dem Besuch von Bekannten. Ein Herumgeschleime at the top. Lauter Gipfelstürmer welche auf der Spitze des Berges sprechen; ja genauso bin ich hochgekommen. Mensch wurde mit gutschweizerischen Werten bombartiert. Hier der chronologische Abganglauf der Sendung.

„Ein roter Teppich für Adolf Ogi“

Der Tod der Nichtmachenwoller auf zwei Füssen. Ogi gibt zwar kein Gas sondern Strom, aber er will, er will es allen zeigen. Schon wieder falsch verstanden, wenigstens etwas.

Im Internet wurden die legendären Szenen raus geschnitten. Jene welche die Medien tagelang durchgehechelt haben. Die Nationalhymne auf Ogi gepimpt von Comedian Partick Frey. Das war natürlich kein PR-Gag und ein Zufall. Ogi und der Oberste Militärler der Schweiz Keckeis und darauf der ganze Saal standen stramm, als die Klänge der Nationalhymne erklangen. Deren Text war eine Verarsche in Form einer Hymne an Adolf Ogi.

„Die Intellektuellen merkten es ein bisschen schneller“ meinte ein paar Tage darauf Art Furrer, ein Schweizer Country Sänger im Blick. Er musste es wissen denn „Meine Freunde und ich sassen in der vordersten Reihe, wir hatten quasi die Sonnenplätze im TV-Studio. Ich war eingeladen, weil ich Dölf seit 45 Jahren kenne, wir sind sehr gut befreundet.“

Dass die Eltern Ogis ihn 1942 Adolf nannten, war gemein. War sicher nicht einfach für ihn. Er drillte in den 60 er Jahren die Skinazi mit „hartem Trainig und eisernem Willen“ so stark, dass sie in den 70 er viele Medaillen holte. Sein Vater habe ihm den Bazillus für Sport eingehaucht. Im Trailler über die „Sportskanone“ sagt er neben Martina Hingis „heit er ghört Leistig Leistig Leistig!“ Alles sehr naturverbunden.

Das Ziel sei eine bessere Welt durch Sport sagt der UNO-Sonderbeauftragte für Sport Ogi. Dann tönt er plötzlich sehr verzweifelt. Diese Welt sei verrückt geworden. Der technische Fortschritt habe zwar viel gebracht, aber jetzt sei alles anders. Es komme eine neue Generation, welche die Probleme der Welt „immer im Interesse vo de Welt, immer im Interesse vo de Menschen“ zu lösen habe. Deshalb habe Kofi Annan gesagt, man solle mit der Jugend eine Welt aufbauen welche „eh besseri, friedlecheri, disziplinierteri, gordneteri Welt“ wäre. Sandra Studer hängt ihm an den Lippen wie ein Groupie von Tokio Hotel und beim aufbrausenden Applaus nach dieser Rede ruft sie laut : „Jawohl ein Plädoyer für den Frieden!“ (Kofi grüsst Dölf später noch per Videoschaltung aus der UNO)

Der helvetische Aufruf an alle Mitbürger so fleissig wie Adlolf Ogi zu sein geht weiter. Ein Schulkamerad von ihm taucht auf, seine 1. Schulliebe auch, Sandra und Dölf tanzen zu 60 ties Sound, dazu Profi-Tänzer in Beinah-Schweizer-Trachten gekleidet, „de Ogi und ich sind glich“ singt ein Schweizer Sänger der am gleichen Tag geboren wurde wie er und noch enger befreundet ist mit Ogi als Art Furrer, Sion 2006, sogar Astronaut Claude Nicollier reiste zu Ehren von Ogi aus Houston an, Kurt Felix meint was zur Bundesrede, Ogi der Kandersteger (Zombie Jordi singt das Kanderteger-Lied), Ogi erklärt warum er Bergkristalle verteile, usw. usw. usw. Spannend aber zuviel des Guten auf dem roten Sofa. Alle mögen ihn, alle sprechen ein Lob nach dem anderen aus. Adolf Ogi geniesst es dauerverkrampft. Am Schluss verewigt sich der Ex-Bundesrat per Handeindrücken in einer Plastikmasse.

„Ein roter Teppich für DJ Bobo“

Vorneweg. DJ Bobo soll mal Sprayer gewesen sein…wers glaubt:






Das ist übrigens kein Fake sondern das hat der Bobo in der Sendung und danach gemalt. Es wird versteigert. Toll war schon in der Jugend kreativ.

Naja, die Sendung war ungefähr so langweilig wie die Musik von DJ Bobo. Kindheit in einem kleinen Dorf im Aargau, früh Platten aufgelegt an Parties. (Romi Walderscha wird das noch was?!) Irgendwann ein Produzenten gefunden, der aber kein finanzielles Risiko eingehen wollte, heute Bobo trotzdem in den Arsch kriecht. Sandra tha Stu hat auf der ersten Platte mitgesungen. Das Vynil trug den extrem coolen Titel „I love you“. So geht das weiter. Die Kloake des Massengeschmacks manifestiert sich in der Figur Rene Baumann. „Bobo kann man einfach nicht, nicht mögen“ so seine Frau Nancy Baumann.

Musikalischer Höhepunkt der Sendung ist der Song „Swiss Lady“. Im Primarskilager sind wir zum dem voll abgegangen. Aber um Musik ging es in der Sendung ja nicht. Sondern um die Show für DJ Bobo. Die Backgroundsängerinnen staunen über seine Stimme. (Ich hoffe immer noch, dass ein paar fähige Leute die Schweizer Volksmusik mal a la Russendisko aufmischen.) DJ Bobo legt auch noch am Plattenteller auf und in diesen 15 Sekunden... naja.

Allerdings, das muss mensch sagen, talentiert ist er schon Er kann singen, tanzen, und ääähh ja singen und tanzen. Beides ausserordentlich gut. Wirklich. Die Backstreetboys grüssen per Videoschaltung ihr Idol. Chihuahua läuft ca. 100 mal. Dass dieses Lied ein uralter Klassiker ist, wird nicht erwähnt. (Der DJ hat es bloss gesampelt, das machen DJ´s so.) Am Schluss der Sendung erscheint noch der Vater von Bobo. Ein Italiener, den Bobo (heute 37) erst mit 33 Jahren kennen lernte. Er taucht überraschend auf und irgendwie erinnert das höchstemotionale Prozedere an deutsche Talkshows.

„Ein roter Teppich für Marco Rima“

Ein echter Halbgott bekam als nächster und leider letzter einen roten Teppich zu Füssen. Marco Rima. Was liebte ich die Wochenshow. Zurzeit mit ihm Basian Pastewka, Anke Engelke, und dem Grossmaul dessen Namen ich vergessen habe, ahja Ingolf Lück. Und all das verrückte Zeug, das er sonst noch machte. Manchmal etwas viel „Sauglattismus“. Ich hab keine Ahnung. Aber immer wenn ich Rima sah, war da was. Ihn nervt in der Schweiz, dass die Leute immer darauf reduziert werden, wo sie künstlerisch herkommen.

Ähnlich wie DJ Bobo und Ogi ein Selfmademan. Rima betont den Teamgeist nicht so wie die zwei, auch wenn er wahrscheinlich mehr echte Freunde hat als beide zusammen. Aber auch oder gerade Rima scheitert am Rahmen der Sendung. Marco Rima hat mitgemacht. Ist verständlich aber peinlich.

Das Positive voraus. Was von Rima an Auftritten gezeigt wurde, fand ich spitze. Ein uralter Sketsch mit Walter Roderer. „Fackelzug“; sehr lustig und tiefsinnig. Die alten Wochenshowausschnitte. Marcello-Klassiker. Szenen aus „Keep Cool“, (erotische Szene auf m Sofa zusammen mit Sandra) etwas aus seinem neusten Programm, Zitat : „Wir von la Rechau ertragen es einfach nicht, dass sie nicht wissen, an welchen Krankheiten sie nicht leiden!“ Für schlechtes Zeug war in der Sendung zum Glück kein Platz.

Walter Roderer hat über das harte Brot des Künstlerseins ohne Erfolg philosophiert. (Wovon sich Saile Klein natürlich emotional total angezogen fühlte.) Viele Leute haben Rima gelobt. Ihm wurd es langsam peinlich. Mir wurde es peinlich, dass ich die Sendung schaue, als Mia Aegter im Trailer des Films „ Achtung, fertig, Charly“ ihr Lied „hie u jetzt“ sang. Sie kam zusammen mit Stepahnie Berger zu ihm aufs Sofa. Welche eindeutig älter ist, aber mehr Stil hat.

Lolo Pulver ein uralter Star des Schweizer Films tauchte auch auf. Das ging alles noch. Dann seine Frau. Das ging nicht mehr. "Nünt gringers als" Hape Kerkeling, welcher einen Schlagersong veräpelte, konnte da auch nichts mehr retten. Erinnerungen an DJ Bobo tauchten auf. Rima wurde verkrampft.(Ihn grüsste per Videoschaltung übrigens niemand geringeres als Harald Schmidt)

Rimas ironischer Zusammenbruch war ein harter Schlag für mich und wohl auch für die Schweiz. Der Teppich, welcher im Trailer anfangs der Sendung so hoch über den Menschen flog, er fiel runter. Scheiss Rima hats allein versaut! Ogi war so schön, stolz, stark, klein im denken, aber gross im Handeln DJ Bobo so normal und doch so speziell. Rima war noch n Freak. Mach uns den „bla bla“ Goethe! Haben sie geschrieen, "die vielen schönen Frauen" auf dem Sofa.

„Als krönender Abschluss der Show setzen sich Marco Rima und Sandra Studer gemeinsam zu Phil Dankner ans Piano und geben ein musikalisches Duett zum Besten.“ (Beschreib Schweizer Fernsehen)

Der Niedergang der Sendung in 3. Akten. SF DRS wollte mit der Schweiz nach den Sternen greifen. Der erste Gast Dölf Ogi wurde mit dem Chaffeur ins Studio gefahren, DJ Bobo fuhr selber, Maro Rima benutze kein Auto. Dölf und Bobo haben sich per Händen in Gips verewigt. Rima nicht. „Also doch!“ (Blick-Online) Anstelle der Sendung „Ein roter Teppich für…“ läuft nun wieder das Musikantenstadl. Das Schlagersängerpäärchen und damit die erste Frau welche als nächstes einen roten Teppich bekommen hätten, werden wohl mit nem Swiss Award entschädigt.

1 comment:

Anonymous said...

Seh ich auch so