Tuesday, October 03, 2006

Der Papalagi



Dank meinem (leider ehemaligen) Mitbewohner Lydan hab ich n nettes kleines Büchlein gelesen. „Der Papalagi; Die Reden des Südseehäuptlings Tuiavii aus Tiavea“ Erstausgabe im Jahr 1920 von Erich Scheuermann.

Dieser Scheuermann schreibt im Vorwort der Häuptling Tuiavii hätte wohl nicht gewollt, dass seine Reden in Europa veröffentlicht werden. Wahrscheinlicher aber ist, dass Scheuermann, welcher selber lange in der Südsee lebte, die Texte dieses Büchlein selbst geschrieben hat. Inspiriert vielleicht von den Reden des Nordamerikanischen Häuptlings Seattle.

Das ist aber egal. Ich hab selten eine erfrischendere Kritik am westlichen Zivilisationsmodell gelesen. Obwohl vor mehr als 80 Jahren geschrieben, ist es immer noch aktuell. Das Wort „Papalagi“ steht für die Weissen. Tuiavii war in Europa und berichtet seinen Landsleuten darüber. Das ist zum Teil sehr amüsant, regt aber auch zum nachdenken nach.

Eine der interessantesten Thesen ist jene über die „Dinge“. Der Häuptling versteht nicht warum sich die Papalagi immer soviel Zeug anschaffen. Ein Indianer besitzt nichts. Sein Dorf hat das, was sie zum Überleben brauchen, nicht mehr. Häuptling Seattle hat in seiner Rede vom Schritt der Weissen vom Leben zum Überleben gesprochen. Tuiavii meint, dass die Papalagi durch die Dinge zu Gott werden möchten, statt von ihm alles was die Erde hergibt, demütig empfangen.

Für Tuiavii gibt es in Europa Landmenschen und Spaltenmenschen. Mit Landmenschen sind Bauern, mit Spaltenmenschen die Städter gemeint. Tuivaii sind die Landmenschen lieber. Er empfindet sie als echte Menschen Sie sind seinen Idealen näher. Die Städter leben in steinernen Truhen, welche schreckliche Spalten bilden, gefüllt mit Menschen, Lärm, Dreck, Gestank und vielen Gefahren.

Tuiavii versteht weder warum die Spaltenmenschen besser sein sollen als die Landmenschen, noch warum sie sich diese Art zu leben überhaupt an tun. Er findet es absurd, sich vor der Sonne zu schützen, sich sittliche Kleidung anzuziehen, oder dass der schönste Raum eines Hauses zum sich Waschen verwendet wird. (das Badezimmer mit „schönen Spiegeln und glänzenden Wänden“)

Natürlich hat der Häuptling Tuiavii das Gefühl die westlichen Menschen seien verweichlicht. Darum hat er wohl auch mehr Sympathien für die Landmenschen. (von denen es heute ja noch weniger gibt) Nun wir sind halt keine Indianer. Worum es hier wohl geht, ist der extreme Frust, der durch die Entfremdung des Lebens entsteht. Es ist schon gar kein Leben mehr sondern bloss noch Funktionieren. (dazu mal noch mehr in „Ikea und der Schreiner“) Dieses Funktionieren in die alte Härte des Überlebenskampfes zu führen, bzw. es dort zu behalten, ist wohl eine der grössten Missverständnisse der europäischen Echten. (wo ist der SchreibfehleR…)

Jedenfalls ein lustiges Büchlein und ein angenehmer Perspektivenwechsel.

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