Friday, April 20, 2007

Besuch in der Fondation Beyeler

Der Kunsttempel zu Riehen

Ich war in der Edward Munch Ausstellung im Kunsttempel der Fondation Beyeler in Riehen. Das Gebäude erinnert sehr an eine Art antiken Tempel, einfach etwas Modern aufgepimt aber klar mit eine Säulenstruktur. Man steigt allerdings nicht hoch sondern läuft etwas runter, um es zu betreten. Das finde ich ein bisschen feige, denn es soll wohl Heimeligkeit vermitteln, obwohl der Besucher doch beeindruckt ist von den grossen Namen die hier hängen. (kleiner Witz vom Ende des 19. Jahrhundert am Rande „Wo hängt der wichtigste Van Gogh?“ „Der hängt schon lange nicht mehr, den haben sie nach drei Tagen runter genommen, als der Gestank ins Nachbarhaus drang.“ ) Man betritt das Museum, nach dem man als privilegierter Student eine lange Schlange passierte, durch einen Gang an der Seite des Gebäudes. Man schlüpft sozusagen rein und merkt gar nicht, wenn das ganze Teil eigentlich angefangen hat.

Drinnen dann typische moderne ähm ich mein aktuelle äähh zeitmässige Museumsstimmung mit weissen Wänden, weissen Sofas und Souvenirshop wo allerlei Krimskrams zum kaufen auf diesen typischen Holzblockmöbeln. Wir wollen aber zu Munch und können unseren natürlich antrainierten Trieb jetzt gleich zu konsumieren unterbinden. Obwohl Munch werden wir ja auch konsumieren, aber wir dürfen dafür nicht immer gleich bezahlen, dies haben wir ja bereits getan, bzw. unser Lehrer, das mindert die Befriedung wohl ungemein. Wie wäre ein Museum in welchen man zwar keinen Eintritt zahlen, dafür jedes mal einen Franken einwerfen müsste, worauf sich einem das gewünschte Bild für fünf Minuten zeigen würde. Wollte man es länger sehen, müsste man wieder Geld einwerfen. Die Mona Lisa wäre ein Goldgrube würde aber trotzdem gleich viel Umsatz machen wie ein weniger aber länger betrachteter Monet. Egal wir drängen in die Munchaustellung rein. Drängen deshalb weil es einfach zu viele Leute hat, als das man von gehen sprechen könnte. Die Besucher sind zu grossem Teil älter. Es hat zwar ein paar Familien, aber Menschen zwischen 20 – 30 (wie die aus meiner Klasse) sind eindeutig in der Unterzahl.

Ein Monet Seerosenteich an einem Teich (ohne Seerosen)

Wir mussten mal von unserer Schule aus Klassiker aus dem Kunsthaus Zureich abzeichnen. Es wurde gelost und ich kriegte die nordischen Expressionisten. Wie passend denken sie jetzt aber ich musste nicht einen Munch abzeichnen sondern einen Kokoschka: "Morgen und Abend". Ich fand dies bescheuert, denn ich halte nicht soviel von diesen Räumen für grosses Vergangenes. Sei behindern den Blick auf das Heutige. Nicht weil sie schlecht wären oder manipulativ. Nein weil sie so gross sind und wir uns doch nur ein Bild machen können, wenn wir die Sensibilität für das Kleine haben. Diese Kokoschkabild war aber sehr toll und durch das lange Betrachten der Gesichter habe ich den Begriff Expressionismus das erste Mal begriffen. Nur aber weil ich 2 Stunden davor sass, mich sehr darauf eingelassen habe, und meine Ruhe hatte. Diese Möglichkeit war in der Munchauststellung nicht gegeben. Ich habe zwar versucht, meine Blick durch die Massen an Bilder gleiten zu lassen, dann auf jene Bilder zu zugehen, an welchen mein Blick hängen blieb,(eine oberflächliche Methode ich weiss) und diese dann anzuschauen. Aber Zeit hatte ich dazu keine. Ständig lief jemand davor, ständig wurde etwas dazu gesagt. Und dazu kam, dass man sich schlecht konzentrieren kann, wenn eine Masse an Leute um einen herumschwirrt. Eine Bildbetrachtung, grad bei einem Expressionisten, ist etwas sehr intimes. Dies ist auf einem Jahrmarkt für grosse Künstler nicht möglich.

Was für Leute gehen in diese Munch Auststellung. Es ist ja nicht möglich diese Bilder wirklich wahrzunehmen. Natürlich könnte man sich vorbereiten, sich mit Werken des Künstlers beschäftigen und dann in der Ausstellung gezielt auf die Suche gehen um sie, und diese Qualität erreichen sie in einem Druck nie, in ihrer ganzen Farbigkeit zu betrachten. Dies ist aber der einzige Vorteil der Originale im Kontext in welchem sie in der Fondation Beyeler ausgestellt werden. Auf sie einlassen, sie länger studieren, ihre Wirkung zu erfahren ist nicht möglich. Zuviel ist los in den Räumen der grossen ganz grossen Kunst. Deshalb hege ich den Verdacht es geht hier um See-Sighting. Es wird keine Stadt besucht sondern ein Künstler. Der Eiffelturm von Paris wurde zwar geklaut (oder beschädigt, ich meine "Der Schrei") aber man kann ja noch das Centre Pompidou("Vampir"), die Sacre Coeur("Melancholie") oder das Montmarter ("Kuss" I – IIII ) betrachten. Damit man Munch mal gesehen hat. Der Eindruck wird so oberflächlich sein, wie jener japanischer Touristen, welche glauben in 3 Tage stressen von Luzern zum Jungfraujoch die Schweiz zu sehen. Aber ist das Konsum? Ja, denn es spiegelt sich der abstrakte Wille wieder, etwas vermeintlich Wichtiges durch Betrachtung zu behalten. Der Konsum besteht darin, Munch gesehen zu haben, ein Statussymbol in Form einer präsentierbaren Erinnerung, eines Erlebnisses zu besitzen. Dass man gar nicht fähig war, die tiefe Melancholie von Munchs Bildern aufzunehmen, welch grad bei den mit vermeintlich fröhlichen Farben gemalten Werken stark sein muss, ist nicht relevant. Das Spektakel Munch reicht.

Death in the Sickroom, ein Bild von Munch welches in Riehen nicht zu sehen ist

Die Menschen die sich diese Ausstellung ansehen, wirken gut betucht. Vergleicht man zwischen den Blicken auf Munchs Bilder und jener auf die Auslege der Boutique so sind zweiter konzentrierter und gieriger. Ja die Leute wären verloren, könnte sich nicht ein Souvenir des so eben erlebten Spektakels mitnehmen. Diese Karten und Bücher werden anfangs betrachtet und später umso länger das „Erlebte“ vorbei ist verstauben und in Vergessenheit geraten. Denn das jetzt zählt ja. Wie schade da ich doch etwas vom schönsten an Kunst ihre Unvergänglichkeit finde. Das unglaubliche an Munch ist nicht unbedingt wie speziell er gemalt hat. Das er so ein revolutionärer Erneuerer war. Umso länger seine Lebenszeit und sein Werk her sein werden um so weniger extrem für jene Zeit werden sie empfunden werden. Nein, das faszinierende ist, das ich eine Zeitreise machen kann durch diese Bilder und dank ihrer hohen malerischen Qualität. Sie drücken menschliche Regungen von vor 100 Jahren aus und sind für mich trotzdem verständlich oder unverständlich aber sicher berührend. Obwohl der Munch in einer anderen, einer ganz andern Zeit gelebt hat und das ist cool.

Homepage der Fondation Beyler

Munch bei Wikipedia

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